Die Zeit einer Kanzler-Dämmerung ist immer auch die Zeit der politischen Bilanz. Zunehmend mehr Zeitgeschichtler, Publizisten und Intellektuelle stellen aktuell die Frage: Was hinterlässt Merkel nach bald 16 Jahren Kanzlerschaft? Das fatale Missmanagement der Pandemie wirkt aktuell wie ein Brennglas auf ihr politisches Erbe. Mit dem Irrtum um die „Osterruhe“, dem bisher dämlichsten Fehler in der Corona-Geschichte (den übrigens auch Tschentscher selbstgefällig mitgetragen hat), war das finale Eingeständnis des gemeinsamen Scheitern.
Selbst geneigte Medien des deutschen Mainstreams kündigen die Gefolgschaft und erkennen: 16 Jahre Merkel waren zu viel!
Es gibt zahllose Gründe: Merkels sogenannter „europäischer Ansatz“ bei der völlig misslungenen Impfstoffbeschaffung bildet den vorletzten tragischen Akt ihrer Kanzlerschaft. Ist doch Europa selbst in den letzten 16 Jahren zu einem kranken Selbstbedienungsladen für Süd- und Nehmerländer geworden, während unser wichtigster Partner – Großbritannien – in der Zeit ihrer Kanzlerschaft von der Fahne ging.
Auch die CDU selbst erodierte. Ich erinnere mich gut, als mitten in der Krise der Masseneinwanderung hunderttausender Wirtschaftsmigranten, die illegal nach Deutschland hinein liefen und von denen keine Behörde wusste, wer sie eigentlich waren und die heute mehrheitlich in unseren Sozialsystemen hängen, die Empörung kochte. Unsere regionalen CDU-Politiker gingen mit Schmerzen ins Bett, vom Spagat, den Merkel-Kurs ihren empörten Wählern schön reden zu müssen, wo sie selbst völlig anderer Meinung waren. Die Abneigung gegen Merkels „Willkommens-Kultur“ trieb CDU-treue Bürger massenhaft zur AfD. Sie kam mit 20 % in den Bundestag. Rekord! Die Partei verstand sofort und antwortete brav: danke Merkel!
Sogar Merkels selbst gewählte Nachfolge ging schief: Eine überforderte und unbeliebte Annegret Kramp-Karrenbauer versagte – Merkel wollte sie ernsthaft zur Kanzlerin machen. Und nebenbei sollte ein Mann abserviert werden, der aufrecht gehen und denken kann und zu ihrem schärfster Kritiker wurde: Friedrich Merz – ausrangiert und mit ihm das letzte bisschen Hoffnung auf den CDU-Markenkern.
Niemand zuvor hat dieses Deutschland so gespalten wie Angela Merkel! Der Begriff „alternativlos“, den sie gesellschaftsfähig machte, führte zur Spaltung in ein Deutsches „gut“ und „böse“. Wer „anders denkt“ wird diskreditiert. Klar! Gibt es keine Alternativen, ist jeder, der trotzdem alternativ denkt, ein Querulant, ein Irrer. Das war ihr Vergehen an unserer Demokratie, die vom Diskurs lebt.
Ihr überraschender Atom-Ausstieg aufgrund eines schweren Seebebens vor Japans Küste und die überhastete sogenannte „Energie-Wende“, hat zu nichts weitergeführt, als den bei uns weltweit höchsten Strompreisen. Und eine deutliche Stärkung der Grünen.
Ihr aber wohl schwerster, unaufholbarer Fehler: Sie hat ihre politische Kraft – statt in die kolossal wichtige digitale Zukunft Deutschlands – eingesetzt, um den Dieselmotor und die deutsche Automobilindustrie zu diskreditieren. Alle digitalen Schlüsseltechnologien liegen jetzt im Silicon Valley oder in China. Zum traurigen Höhepunkt und Kronzeugen des digitalen Versagens wurde die „Corona-App“.
Warum Merkel trotz allem über 15 lange Jahre von einer wohlwollenden Journaille getragen wurde, muss medienwissenschaftlich noch aufgearbeitet werden.
Und: Was hatte sie wirklich vor mit Deutschland – die in schwierigen brandenburgisches Stasi-Milieus aufgewachsene FDJ-Aktivistin?
Und: Was ist übrig? 16 verlorene Jahre! Und eine enttäuschte Gesellschaft.