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Der Schwedische Weg

Schweden ist anders als Deutschland – aber wie anders? Der Verleger und Publizist sprach mit dem schwedischen Honorarkonsul Dr. Sven Oksaar. Oksaar wuchs in Duvenstedt auf und lebt heute Volksdorf. Wir erfahren, dass Schweden fast sozialistische Strukturen hat, aber eben auch – mit seinem Königshaus – eine Monarchie. So gibt es auch einen deutlich anderen Weg, den Schweden bei der Bewältigung mit Corona gegangen ist.

Dr. Sven Oksaar hat eigentlich Estnische Wurzeln. Seine Eltern flohen vor den Russen nach dem 2. Weltkrieg von Estland nach Schweden. Doch als kleiner Jung kam er mit seinen Eltern nach Hamburg. “Eigentlich bin ich ein Homo-Europäikus” schmunzelt Oksaar.

Dr. Sven Oksaar, Honorarkonsul für Schweden.

Doch was unterscheidet nun Schweden von Deutschland, frage ich Sven. “Schweden ist im besten Sinne ein sozialistisches Land”erklärt er, weil es ein egalitäres Land ist. “Jede schwedische Steuererklärung ist öffentlich einsehbar – für jeden.” Alles ist irgendwie gleich. Und damit ganz anders als Deutschland, stellen wir uns vor, wir könnten in die Steuererklärung des Nachbarn mit dem dicken Porsche schauen – undenkbar bei uns. Deutschland liegt, so Sven, zwischen dem “Grundkapitalismus” der USA in dem sozialistischen Schweden irgendwie in der Mitte. Doch die schwedische Gleichheit verdeckt auch viele Probleme. Denn: Sooo gleich ist die schwedische Gesellschaft nun auch nicht: Der schwerstreiche Eigentümer von IKEA ist Schwede, naja, und das Königshaus eben auch. Der Hochadel verfügt über unglaubliches Vermögen – insbesondere Ländereien. Auf der Oberfläche Schwedens ist alles gleich, aber dann hat Schweden große Unterschiede in der Gesellschaft. Insbesondere ein der Wirtschaft, so Sven, der auch Chef der schwedischen Handelskammer in Deutschland ist. “Es gibt kaum Mittelstand, dafür viele kleine Unternehmen, und eben die wenigen Konzerne, die großen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik nehmen. Die Steuergesetze – als Beispiel – orientieren sich an den Interessen der größten Unternehmen.

Schweden ist etwa vier mal so groß wie die alte Bundesrepublik, hat allerdings nur 10 Millionen Bürger, die seit 1920 von Sozialdemokraten regiert werden, dabei – wie schon vorher erwähnt – immer im Konsens mit dem Großkapital regierten. Ein ungewöhnliches, aber offenbar gangbares Modell.

Auch die schwedische Geschichte ist deutlich anders. Sie hatte nie einen zweifelhaften Kaiser Wilhelm II, nie einen Hitler-Faschismus, nie einen Holocaust, nie eine DDR mit massenhaften Menschenrechtsverletzungen, in der man den Rechts-Faschismus einfach mal gegen einen Links-Faschismus eintauschte. Das alles hat sich Schweden erspart. “Schweden war auch einmal eine Großmacht in Europa”, so Oksaar, zu Beginn des dreissigjährigen Krieges. “Die Schwenden sprechen sogar von einer goldenen Schwedenzeit”. Sogar das Städtchen Stade war zu der Zeit schwedisch. Später allerdings wollten die Schweden aber nie weltweit mitspielen. Das Land begreift sich auch heute noch als das soziale Gewissen, mit einer hohen Zahl von Flüchtlingen, da kamen die südamerikanischen Kontras und Sandinsitras, ebenso wie Kurden. Heute sind ein Achtel der Bevölkerung nicht ethnische Schweden. “Man hat sich allerdings, weil man weltweit bei Unterdrückung helfen wollte, die Probleme ins eigene Land geholt”, so Sven Oksaar selbstkritisch. Schweden hatte zwar seit 300 Jahren keinen Krieg im eigenen Land, jetzt aber gibt es einen “sozialen Krieg” im Land, mit hohem Ausländeranteil in Problemregionen, in denen es Staaten im Staat entwickelten. Was wir in Deutschland erst noch lernen werden, kennen die Schweden schon lange.

Die Dänen kamen ungehindert nach Schweden – zum Einkaufen, zum Frisör oder zum Bier trinken – umgekehrt allerdings ging gar nichts. Man postierte Militär.

Aber auch in der Corona-Krise ist Schweden einen anderen Weg gegangen. Das egalitäre Modell führt zwar zur Obrigkeitsgläubigkeit, allerdings appelliert der Staat eher an seine Bürger. Der Schwede glaubt der Regierung, und er folgt den Empfehlungen, weil er der Regierung vertraut. Man richtet sich also nach den “starken Empfehlungen”. Schweden müsste inzwischen ausgestorben sein, würde man der medialen Hexenjagd der Deutschen Mainstream-Medien glauben schenken. Aber es ist ganz anders. Die Schulen blieben stets offen, sowie die Kitas, die Läden blieben offen, kein wahnsinniger und unnötiger Lockdown. Die Dänen kamen ungehindert nach Schweden – zum Einkaufen, zum Frisör oder zum Bier trinken – umgekehrt allerdings ging gar nichts. Die Dänen postierten sogar Millitär an den Grenzen, damit ihnen die Schweden während ihres dringenden Lockdowns nicht den Tod brachten. Schweden hat allerdings fünf mal soviel Tote wie Deutschland, die mit Corona verstarben. Die meisten, die gestorben sind, waren überwiegend alte Menschen in Pflegeheimen. Das Personal in den Heimen ist oftmals schlecht ausgebildet, spricht kaum Schwedisch – das System war mit dem Virus überfordert. Die Zahl der infizierten Kinder ist dagegen deutlich geringer. Da war der Weg eindeutig richtiger.

Doch die Verwüstungen, die die deutschen Maßnahmen in unserer Wirtschaft hinterließen, sind in Schweden deutlich geringer. Eine Rezession durch Corona ist in Schweden nicht zu erwarten.

Man fügt sich dem Unausweichlichen, will das Maß an Corona-Regeln so gestalten, dass es das Einsichtsvermögen aller für die Maßnahmen, auch für eine längere Dauer, nicht überfrachtet. Man beeinträchtigt das Leben zwar, aber legt es eben nicht streckenweise lahm. Heftigste Diskussionen über mögliche Lockerungen, die wir führen, gibt es in Schweden nicht. Denn es hat sie immer gegeben. So ist die Akzeptanz größer, und die gespaltene Gesellschaft, die Corona in Deutschland hinterlassen hat, hier die Braven, dort fiese Corona-Leugner, inklusive riesigen Demos, hat sich Schweden erspart.

So hoffen viele, bald wieder Schweden zu besuchen und zu bereisen. Schweden ist riesig, 1.800 Kilometer vom nördlichsten Norden bis in den Süden. Und Natur pur! Sven empfiehlt übrigens das Auto zu nutzen, um Schweden zu entdecken!

Hören Sie auch den Podcast, in dem Wolfgang E. Buss mit Sven Oksaar über Schweden spricht. Ein Podcast nicht nur für Schweden-Fans.

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Hamburgs nächster Bürgermeister-Kandidat?

Der Alstertaler Dennis Thering trat in die CDU ein, als Ole von Beust Bürgermeister wurde. In den seit dem vergangenen zwanzig Jahren stieg er zum politisch höchsten Amt auf, das eine Oppositionspartei zu vergeben: Oppositionsführer. Im Hamburger Rathaus führt er eine auf wenige Mitglieder geschrumpfte CDU-Fraktion. Gegen eine scheinbar übermächtige rot-grüne Parlamentsmehrheit, die sich als Bettvorleger des Senats präsentiert. Sagen Kritiker. Hören Sie dazu den neuen Podcast.